Dienstag, 21. Oktober 2014

Gesellschaftslogik - Individualitätsverschleiß

Ich versuche mich täglich anzugleichen, ich versuche so zu schreiben, wie es von denjenigen, die mich bewerten, verlangt wird. Ich schreibe einen Text nach ihren Richtlinien, behaupte nicht ich könne es gut. Ich strenge mich an, um den Vorstellungen und Vorlieben derer gerecht zu werden, die meine Texte lesen. Das Leistungsniveau ist hoch, aber von einer anderen Art, als ich es gewohnt bin. Ich muss meinen Stil ändern, um ihnen zu gefallen, ich muss mich täglich anpassen.
      Und dann passiert es; ich verliere die Lust am Schreiben, weil es nicht meine Lust ist, sondern die eines anderen. Ich schreibe und schreibe und schreibe, für die besten Bewertungen und vergesse meinen Stil, ich vergesse meinen Fingerabdruck auf den Arbeiten, die ich schreibe und die alle gleich monoton und perfekt sind. Wie aber kann etwas perfekt sein? Die Perfektion liegt doch im Grunde genommen in der Einzigartigkeit des Schreibstils, sie liegt in der Andersartigkeit, im Imperfektionismus, den ich meinenTexten verleihe.
     Früher hat man mir gesagt, man erkenne meine Texte sofort, einzig und allein an der Art, wie sie geschrieben sind. Doch diese Art wird unterdrückt, weggesperrt und eingekerkert, um das Ziel zu erreichen und endlich frei zu sein. Aber auf diesem Weg, geht so vieles kaputt und wenn ich es dann erreicht habe, die Perfektion der Konformität, das Ziel um durchzustarten, dann bleibe ich hängen. Ich habe mich verloren, um das eine Spiel zu gewinnen, aber ich kann nicht weiter spielen. Denn nun sagen sie, mir fehle die Individualität, die zuvor verhasst war, die nicht hinein passte, in die perfekte Welt. Nun brauche ich das, was im Lebensabschnitt davor verloren werden musste. Dann stehe ich allein da. Das Ziel erreicht, aber um welchen Preis?

Montag, 6. Oktober 2014